Color Line Magazin / 12.01.2020 / Johannes Möhler
Schon ein paar Mal war ich auf einem der Schiffe der Color Line zwischen Kiel und Oslo unterwegs. Im Bauch der Fähren war das Auto sicher verstaut und wartete darauf, in Oslo wieder an Land gelassen zu werden, um in Norwegen oder Schweden auf Entdeckungstour zu gehen. Auch wenn ich dabei immer die Überfahrt und die Schiffe genießen konnte, so stand doch der Transport im Mittelpunkt. Das sollte jetzt anders sein: Als Fußpassagier ging es mitten im Winter an Bord der Color Fantasy. Eine Mini-Kreuzfahrt von Kiel nach Oslo mit kurzem Aufenthalt in der norwegischen Hauptstadt. Dabei ging es nicht darum, von A nach B zu kommen, sondern um an Bord entspannen zu können – eine kleine, aber sehr feine Auszeit.
14 Uhr in Kiel
Urlaubswetter sieht anders aus, als ich an jenem Januarnachmittag in Kiel an Bord gehe. Es ist grau, windig, Nieselregen. Aber das spielt keine Rolle. Denn das Innere des Schiffes empfängt einen sommers wie winters gleich: Ich trete ein in die prächtige, große Promenade, die sich über mehrere Decks erstreckt und zum Bummeln und Essengehen einlädt. Noch ist es ruhig hier, später werden das Café, der Pub, das italienische Restaurant und die verschiedenen Geschäfte hier in der Mall gut besucht sein. Bevor ich mich aber weiter umschaue, beziehe ich meine Kabine.
Ich habe eine Standardkabine mit Meerblick. Wobei das Wort Standard die Kabine nicht treffend beschreibt. Sie ist geräumig, das Bett ist breit und richtig bequem und das Bad sehr sauber. Hier lässt es sich aushalten. Doch jetzt, wenn das Schiff aus der Kieler Förde ausfährt, muss ich natürlich an Deck. An die Reling gelehnt lasse ich während der Ausfahrt aus der Förde den Blick über die Dächer der Stadt schweifen. Der Wind pfeift ordentlich. Dick eingemummt kommen viele Passagiere hinauf aufs Sonnendeck und trotzen dem Wetter. Das Marinedenkmal von Laboe zieht vorbei und nun öffnet sich das weite Meer. Spätestens jetzt setzt das Gefühl von Urlaub und Freiheit ein.
Lieblingsort: Observation Lounge
Für dieses Gefühl gibt es keinen besseren Ort auf dem Schiff als die Observation Lounge auf Deck 15 – mein absoluter Lieblingsort. Dort, ganz oben, noch oberhalb der Brücke, kann man entweder in der Bar oder in der Bibliothek in bequemen Stühlen sitzen und hat eine fantastische Aussicht. Das Meer erstreckt sich in die Endlosigkeit. Irgendwo am Horizont verschwimmen Meer und Himmel. Der perfekte Platz, um Gedanken wandern zu lassen, zu lesen, zu träumen – um zu entspannen. Mehrmals während dieser Mini-Kreuzfahrt kehre ich hierher zurück.
Die Color Fantasy hat – ebenso wie ihr Schwesterschiff, die Color Magic – aber noch viel mehr zu bieten. Sie sind eben nicht nur Fähren, sondern auch Kreuzfahrtschiffe: Kreuzfahrtfähren sozusagen. Ganz unten im Schiff befinden sich die Autodecks. Darüber, von Deck 6 bis hinauf zur Observation Lounge auf Deck 15, beginnt der Kreuzfahrtteil. Das Herzstück bildet dabei die große Promenade. Der Bug des Schiffs ist der Unterhaltung verschrieben. Auf Deck 6 lädt das Casino zum Spiel ein, eine Etage höher befindet sich die Showbühne, wo ich mir auf der Rückfahrt eine Show ansehen möchte. Langeweile kann hier keine aufkommen. Denn neben Casino und Showbühne gibt es ja noch das Aqualand, den Spa- und Fitnessbereich, den Tax Free-Shop, verschiedene Kinderbereiche und sogar einen Golfsimulator. Fast zu viel, um alles auf einer Minikreuzfahrt zu testen.
Aqualand & Oceanic a la carte
Sehr empfehlenswert ist das Aqualand. Mit Spaß auf den Wasserrutschen unterwegs oder ganz entspannt in den Whirlpools – hier kann man sich wohlfühlen. Beim Blick nach oben durch die großen Fenster kann man erahnen, wie kalt es draußen gerade sein mag. Und gleich fühlt man sich im warmen Wasser nochmal wohler.
Während wir zwischen dänischen Inseln hindurchfahren, macht sich allmählich der Hunger bemerkbar. Ich habe beim Blick auf den Schiffsplan die Qual der Wahl. Burger, Italienisch oder Sushi? Fein und à la carte im Oceanic oder lieber mit Selbstbedienung im Grand Buffet Restaurant? Die Wahl ist dann doch relativ schnell klar. Denn neben der Observation Lounge gibt es noch einen zweiten Ort auf dem Schiff, der absoluten Highlight-Charakter hat: das Oceanic-Restaurant. Es liegt achtern; über drei Decks hinweg wurde hier eine riesige Glasfront eingezogen. Hier speist man also in wunderbarem Ambiente und blickt hinaus aufs Meer, während die norwegische Flagge am Heck majestätisch im Wind flattert. Das ist schon ein ganz besonderes Erlebnis. Zumal das Essen – bei mir eine Fisch- und Schalentiersuppe zur Vorspeise, Rentier zum Hauptgang und Crème Brûlée zur Abrundung – wirklich delikat und der Service sehr zuvorkommend sind.
Einfahrt in den Oslofjord
Ein besonderes Erlebnis ist auch die Einfahrt in den Oslofjord am nächsten Morgen. Ungefähr zwei bis drei Stunden vor der Ankunft in Oslo nähern sich von beiden Seiten die norwegischen Küsten. Immer dichter rücken sie heran, bis sie an der engsten Stelle nur wenige hundert Meter voneinander entfernt sind. Der Oslofjord ist zwar nicht zu vergleichen mit den majestätischen Fjorden an der Atlantikküste, schön ist er aber dennoch. Und er gibt, wenn man denn länger hierbleiben möchte, einen Vorgeschmack auf Norwegen. Langsam schiebt sich die Sonne über die Hügel am Ostufer. Der Himmel ist strahlend blau. Es verspricht ein herrlicher Wintertag zu werden. Nach der letzten Biegung des Fjords öffnet sich dann der Blick auf Oslo. Wir sind da!
Um zehn Uhr legt die Color Fantasy an, um 14 Uhr wird sie sich auf die Rückfahrt nach Kiel machen. Mir bleiben also nur vier Stunden. Wer Oslo nicht kennt, der sollte auf jeden Fall mindestens eine Nacht hierblieben und erst am nächsten Tag zurückfahren. Für mich stehen dieses Mal aber Schiff und Fahrt im Mittelpunkt, weshalb mir die Stippvisite genügt.
Oslo begeistert
Vom Fähranleger mache ich mich auf nach Tjuvholmen, das neu angelegte Stadtviertel, das sich auf einer Halbinsel ins Meer erstreckt. Architektonisch hochinteressant und einfach ein ziemlich cooles Fleckchen Erde. Von hier gehe ich weiter in Richtung der Oper. Seit 2008 ist sie das neue Wahrzeichen der Stadt. Strahlend weiß steigt sie, einem Eisberg nachempfunden, aus dem Wasser empor. Rechts und links der mächtigen Glasfassade führen zwei Rampen hinauf aufs Dach, das für jeden zugänglich ist. Und hinter der Oper erheben sich die Hochhäuser des Barcodes, die die Skyline der Stadt radikal verändert haben. Wer auf moderne Architektur steht, der kommt hier voll auf seine Kosten.
Was ich so beeindruckend an der Stadt finde, ist aber, wie das Moderne und Neue mit dem Alten verschmilzt. Zwischen Tjuvholmen und Oper liegt die alte Festung Akershus aus dem Mittelalter. Auf dem Rückweg zum Schiff komme ich am wuchtig, ja, beinahe schon brachial wirkenden Rathaus vorbei und ich mache einen kurzen Abstecher zum königlichen Schloss aus dem 19. Jahrhundert. Unterschiedliche Zeiten mit höchst unterschiedlichen Stilen, die sich in Oslo aber alle ganz harmonisch verbinden.
Gutes Essen und kraftvolle Unterhaltung
Es gäbe noch viel zu sehen (Wie gesagt, vier Stunden reichen nicht, um Oslo wirklich kennenzulernen), aber ich muss zurück zum Schiff. Keine Wolke hängt am blauen und klaren Himmel, als wir ablegen und durch den Oslofjord schippern. Ich kann daher lange oben an Deck bleiben und die Aussicht genießen. Als sich die Ufer allmählich weiten und wir wieder zurück aufs offene – und jetzt ziemlich unruhige – Meer fahren, verziehe ich mich nach drinnen. Heute probiere ich das Grand Buffet Restaurant, das nicht nur mit einem reichhaltigen Angebot an Lachs und Schalentieren, sondern auch durch ein tolles Nachspeisenbuffet überzeugen kann. Begleitet von einer Pianistin und dem Wellengang kann man es sich hier schmecken lassen.
Anschließend schaue ich mir die Show „I love New York“ auf der Showbühne an. Ich bin eigentlich kein allzu großer Musicalfan bin, aber die TänzerInnen und SängerInnen ziehen mich mit ihrer Präsenz und Power, der musikalischen Qualität und nicht zuletzt der humorvollen und kreativen Inszenierung in ihren Bann.
Langweilig wird es auf dieser Mini-Kreuzfahrt also ganz gewiss nicht. Im Gegenteil: Vieles kann ich nicht ausprobieren. Und so kommt die Einfahrt in die Kieler Förde nach der 20-stündigen Überfahrt am nächsten Morgen definitiv zu früh. Ich hätte es problemlos noch länger auf der Color Fantasy ausgehalten. Denn Entspannung und Unterhaltung gehen hier wunderbar Hand in Hand.
Egal, ob als Fähre genutzt oder auf Minikreuzfahrt, ob im Sommer oder im Winter – die Fahrt mit der Colorline ist Urlaub. Daher wird es für mich ganz sicher nicht die letzte Fahrt von Kiel nach Oslo gewesen sein.
Sie haben Lust bekommen, an Bord zu gehen?
Journalist Johannes Möhler
Seit frühester Kindheit ist Johannes Möhler mit dem Nordvirus infiziert. Er studierte und arbeitete eine Zeitlang in Schweden und verbrachte unzählige Urlaubsreisen in allen skandinavischen Ländern. Seit 2017 schreibt er auf seinem Blog elchkuss.de über sein Lieblingsland Schweden.