Color Line Magazin / 10.03.2020 / Elke Weiler
Oslo brodelt, kocht auf, erneuert und verändert sich. Vor allem in den letzten zehn Jahren hat sich die norwegische Hauptstadt quasi neu erfunden. Bei meinem letzten Besuch waren diese Veränderungen nicht nur sichtbar, sondern auch spürbar. Als Meerbloggerin zieht es mich immer zuerst ans Wasser, daher bin ich von der neuen, neun Kilometer langen Fjordpromenade besonders angetan. Eine schöne Möglichkeit, angrenzende Stadtteile zu entdecken, ihre Architekturen, ihre kulturellen Einrichtungen, ihre kulinarischen Möglichkeiten.
Zum ersten Mal war ich Anfang der 2000er in Oslo – allerdings mehr oder weniger auf der Durchreise nach Fjordnorwegen. Seitdem hat sich die Metropole einem modernen Facelifting unterzogen, das vor allem mit den Barcode-Hochhäusern im Stadtteil Bjørvika ins Auge sticht. Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Bedürfnisse ihrer Einwohner hat die Stadt nie vernachlässigt. Und mit der Oper ist direkt am Wasser eine neue Landmarke entstanden. Eine Art Eisberg, schön, majestätisch. Eine begehbare, erlebbare Architektur.
So lohnt es sich, Oslo mit ausreichend Zeit zu begegnen. Zuletzt habe ich die Mini-Kreuzfahrt mit Hotel XL ausgewählt und noch zwei Extra-Tage drangehängt. Mein Schiff: die Color Magic. Das Buffet am Abend ist zwar sehr gut, doch es lohnt sich auch einmal das Oceanic à la carte Restaurant auszuprobieren, allein schon wegen der riesigen Fensterfront. Mein Hotel, das Thon Hotel Europa, liegt in der Nähe des Schlossparks und der Nationalgalerie. Gutes Frühstück inklusive!
Wenn Oslo feiert
Erfahrungsgemäß gibt sich der Mai als sonniger und teilweise sogar schon recht warmer Monat. Schön ist es, einmal den norwegischen Nationalfeiertag in Oslo mitzuerleben. Der 17. Mai, eine Stadt in Rot-Weiß-Blau. Nicht wenige Norwegerinnen und Norweger tragen an diesem Tag den Bunad, ihr traditionelles Gewand der Region. Da viele Landsleute eigens für die Feierlichkeiten nach Oslo reisen, ist das Bild auf den Straßen bunt und die kollektive Freude groß. Wer die Parade im Schlosspark erleben will, zahlt Eintritt. Allerdings kann man dort auch einen Blick auf die stundenlang winkende Königsfamilie auf dem Schlossbalkon erhaschen. In den Vierteln finden Kinderumzüge statt. Die Kids freuen sich sehr auf den Tag, nicht zuletzt, weil Eis und Hotdogs dann schwer angesagt sind.
Am Fjord entlang
Ab April nehmen die Ausflugsboote im Fjord ihre Fahrten auf und laden zum Inselhopping ein. Wer einen Oslo-Pass erstanden hat, kann damit nicht nur Busse und Straßenbahnen, sondern auch die Fähren zu den Inseln und nach Nesodden benutzen. Beim 72-Stunden-Pass ist sogar die Hop on-Hop off-Tour mit dem restaurierten Segelschiff inkludiert, die man auch als separates Extra zur Reise hinzubuchen kann. Damit geht es von Mai bis August ab dem Opernhaus anderthalb Stunden entlang des inneren Oslo-Fjords nach Vippetangen, zum Rathaus und zu den Museen.
Das Wikingerschiff
Einer der lohnenswerten Stopps während der Fjordcruise ist für mich das Wikingerschiffmuseum, auf Norwegisch Vikingskipshuset, in der Huk Avenue 35 auf der Halbinsel Bygdøy. Im Oslo Pass ist der Besuch inbegriffen. Die hier ausgestellten Schiffe stammen aus dem 9. Jahrhundert und sind wunderschön geschwungen, als wären sie den Wellen des Meeres nachempfunden – vor allem das Oseberg Wikingerschiff. Es erscheint uns heute bizarr, dass so große Schiffe als Grabbeigaben gedacht waren. Für die letzte Reise ins Reich der Toten. Das alte Holz der Schiffe erzählt Geschichten, wenn man ihm nur zuhört. Ansonsten kann man sich auch einfach den Film über das Leben der Wikinger anschauen.
Im siebten Foodhimmel
Ein weiterer Stopp auf der Fjordcruise: die Südspitze der Halbinsel von Schloss Akershus. Auch Vippetangen befindet sich in einem Prozess der Umgestaltung. Heute noch sind Silos und ältere Kaianlagen sichtbar, Schiffe schaukeln sachte im Wasser, es riecht nach Fisch. Eine schnöde Halle wurde mit diversen Ständen, langen Tischen und bunten Wänden aufgepeppt, heute kann man sich dort von China über Italien, Russland, Marokko, Mexiko, Norwegen, Spanien und Syrien bis Vietnam schlemmen. Was Vippa von anderen Streetfoodhalls unterscheidet: Man rühmt sich eines nachhaltigen Konzepts und bezieht seine Waren meist in Bio-Qualität und am liebsten direkt aus der Gegend. Mein Extra-Tipp: Unbedingt die norwegischen Pfannkuchen „sveler“ probieren! Vippa auf der Akershustranda 25 ist übrigens auch bequem über die Fjordpromenade zu erreichen.
Wieder an Bord
Und zum Abschied, zurück auf der Color Magic, liegt einem Oslo noch einmal zu Füßen. Denn mein erklärter Lieblingsplatz an Bord ist das Außendeck. Noch einmal Sonne zu tanken oder sich den Wind um die Nase wehen zu lassen, ist für mich das Schönste. Langsam ziehen wir durch den Oslofjord auf die offene Ostsee, die südnorwegische Küste bleibt noch eine Weile sichtbar. Ringsherum nur das Blau des Meeres, hin und wieder ein Schiff am Horizont, bis sich die Color Magic durch die dänische Inselwelt fädelt. Fast zu schade, um schlafen zu gehen. Der Sonnenuntergang, ein letzter Blick durch das riesige Bullauge meiner Kabine. Und am nächsten Morgen bin ich zu Hause.
Meerbloggerin Elke Weiler
Sie ist Kunsthistorikerin, Slow Traveller und verliebt in den Norden. Seit 1998 als freie Reisejournalistin unterwegs, rief sie 2011 mit MEERBLOG ihr eigenes Medium ins Leben, nachdem sie von Düsseldorf an die Nordseeküste gezogen war. Aus Nordfriesland berichtet sie nun über weltweite Reisen auf ihrem mehrfach ausgezeichneten Reiseblog und schreibt Bücher. Flüge versucht sie nach Möglichkeit zu vermeiden – dann lieber mal die Fähre nehmen!
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