Wer bist du und welche drei Worte beschreiben dich am besten?
Moin! Ich bin ein Kind der 80er, gebürtiger Westfale und am Rand des Sauerlandes aufgewachsen. Ich bin gerne draußen an der frischen Luft unterwegs, im Sommer, aber auch im Winter, habe ein Faible für Skandinavien und eine Leidenschaft für Norwegen. Ich mag Abenteuer und Herausforderungen, bin gerne unterwegs, komme aber auch gerne an. In drei Worten: Neugierig, abenteuerlustig und Borusse (von der richtigen Borussia aus Dortmund).
Bist du schon immer gern unterwegs und offen für neue Orte gewesen?
Gute Frage. Es hat etwas gedauert, aber nachdem ich für meine Ausbildung den ersten Schritt von Westfalen nach Bremen erfolgreich gewagt hatte, war mir klar, dass ich auch woanders gut zurechtkomme. Und etwas Neues kennenzulernen, seinen eigenen Horizont zu erweitern und sich selbst etwas herauszufordern, das hat mir schon immer gefallen. Von daher ja, ich bin schon sehr gerne offen für neue Orte gewesen, versuche dann aber auch, dort anzukommen, mich schnell einzuleben und zurechtzufinden.
Was bedeutet für dich 'zuhause'?
Das ist vor allem das Gefühl, von der Autobahn abzufahren und die letzten Kilometer über die Landstraße in das Dorf zu rollen, in dem ich aufgewachsen bin. Dort wo die ältesten Erinnerungen entstanden sind, ich jede Ecke kenne und immer noch viele Freunde und meine Familie habe. Das Gefühl dort zu sein, das ist für mich der Ursprung von zu Hause sein. Aber auch in meinen eigenen vier Wänden, egal wo diese gerade sind, fühle ich mich zu Hause. Und natürlich auch im Block 81 der Südtribüne im Dortmunder Stadion, dort wo ich lange Jahre zu jedem Spiel gegangen bin. Wenn man dort einmal war, lässt es einen so schnell nicht los, einmal Borusse, immer Borusse!
Was fasziniert dich an Norwegen am meisten?
Mir gefällt hier besonders, dass das Draußensein so im Alltag der Leute verankert ist. Das Friluftsliv, so nennt man das ja hier, ist ganz normal und man kann hier einfach nach Feierabend im Winter eine Langlaufrunde drehen oder im Sommer mal eben ins Fjell zum Wandern gehen, um eine gute Zeit zu haben. Ich liebe diese raue Landschaft und Natur, fühle mich darin so unglaublich wohl, und die jetzt direkt vor der Haustüre zu haben, das fasziniert mich wirklich. Ich gucke aus dem Fenster und kann direkt meine nächste Tour auf dem Berg gegenüber planen. Oder auch der Weg mit dem Rad zur Arbeit, da steht schon mal ein Elch auf der Straße - wie cool ist das denn?
Wie kamst du zum Wandern?
Eher per Zufall, denn als Kind war ich zwar in jeder freien Minute draußen unterwegs, aber klassisches Wandern war da eher nicht dabei. Aber irgendwann kam ein Kumpel mit der Idee um die Ecke, dass wir vielleicht ja zusammen einmal den Rothaarsteig im Sauerland wandern könnten. Das war eher als Abenteuer gedacht, hat mir dann aber so gut gefallen, dass ich drangeblieben bin und immer mehr und länger wandernd unterwegs war. Und nachdem ich dann die erste Tour in Norwegen erfolgreich gemeistert hatte, da war es um mich geschehen und Wandern wurde zu einem festen Teil in meinem Leben.
Gibt es in nächster Zeit noch andere Ziele/Challenges, die du dir vorgenommen hast?
Diese beiden Wandertouren waren schon sehr große Herausforderungen und coole Abenteuer, das stimmt. Und daran anzuknüpfen, das wird schwer. Aber aktuell fahre ich ja gerade sehr viel mit dem Gravelbike, und da würde ich gerne in diesem Sommer einmal bei einem Bikepacking Ultracycling Event hier in Norwegen teilnehmen. Diese Ausfahrt führt über 1000 Kilometer und 16.000 Höhenmeter innerhalb von weniger als einer Woche - das wäre schon etwas, was ich mir zutrauen würde und worauf ich große Lust hätte! Bis dahin trainiere ich aber noch ein wenig, Berge dazu gibt es hier ja genug!
Radfahren oder Wandern - was machst du lieber?
Für mich hat beides seinen eigenen Reiz, ich würde da nichts vorziehen wollen. Mit dem Rucksack durch das weite herbstliche Fjell zu ziehen, vor dem Zelt in der Abendsonne einen Kaffee trinken und die Ruhe und Stille genießen - das liebe ich schon sehr. Aber wenn man mit dem Gravelbike auf Bikepacking-Tour Kilometer und Höhenmeter schrubbt, so richtig im Flow ist und sich Aussicht an Aussicht reiht, das hat auch etwas. Zum Glück gibt es ja für Beides hier genügend Möglichkeiten oder man geht am Morgen Radfahren und ab Mittag zum Wandern, alles kein Problem.
Wie ist Radfahren in Norwegen? Hast du (Touren-)Tipps für andere Aktivurlauber?
Sagen wir mal so, Radfahren in Norwegen ist ja bisher eher ein Geheimtipp und viele haben das hier gar nicht so richtig auf dem Schirm - aber man kann hier ganz wunderbare Touren fahren, egal ob mit dem Mountainbike, dem Gravel- oder Trekkingrad. Klar, Höhenmeter sind hier immer ein Thema, aber der dezente Einsatz von E-Bikes löst hier auch dieses Problem. Es gibt in Norwegen Radfernwege entlang der Küste oder auch unendlich viele Schotterpisten, die man unter die Räder nehmen kann. Die Radinfrastruktur wächst stetig und wenn ich ein paar Touren nennen sollte, dann sind das zum Beispiel der Mjølkevegen in meiner neuen Wahlheimat Valdres, der durch eine wunderbare Alm-Landschaft führt. Wer es etwas abenteuerlicher mag, für den ist eventuell die Tour de Dovre mit spektakulären Ausblicken ins Fjell etwas, und wer eher etwas Lieblicheres sucht, der sollte sich einmal den Mjøstråkk rund um Norwegens größten Binnensee, dem Mjøsa, ansehen. Diese 250 Kilometer lange Runde startet quasi vor den Toren Oslos und führt einen durch das grüne Herz Norwegens. Und das beste an all den Touren ist, dass im Sommer die Tage lang und die Temperaturen zumeist sehr gemäßigt sind. Perfekte Bedingungen also für ausgedehnte Radtouren!
Was wünscht du dir von der kommenden Zeit in Norwegen?
Vor allem freue ich mich darauf, den Alltag in Norwegen kennenzulernen, bisher war ich ja immer „nur“ zum Urlaub hier. Ich wünsche mir, hier gut anzukommen, dass wir uns gut einleben und einen coolen Platz zum Wohnen finden. Und bisher sieht es da ganz gut aus!
Simon Michalowicz
Norwegen & das Friluftsliv sind Simons große Leidenschaft. Zweimal hat der gebürtige Westfale das Land bereits wandernd von der Südspitze bis zum Nordkap zu Fuß durchquert und darüber sein erfolgreiches Buch „Norwegen der Länge nach“ geschrieben. In seinen Vorträgen nimmt er die ZuhörerInnen mit auf seine Touren und berichtet als "Simon på tur" in Magazinen, auf Instagram & Facebook und in seinem Blog über seine Abenteuer im Norden. Mehr als ein Jahr hat er zusammengerechnet schon im norwegischen Fjell verbracht, im Sommer wie im Winter, und so das Fernwandern zu jeder Jahreszeit in Norwegen schätzen und lieben gelernt. Insbesondere ausgedehnte Trekkingtouren sind dabei sein Steckenpferd. Simon lebt und arbeitet in Fagernes, mitten im Herzen von Valdres, mit einigen der Highlights der norwegischen Bergwelt direkt vor der Haustür.
Color Line Magazin / 19.07.2024 / Simon Michalowicz, Interview: Vera Oechsle